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40 Jahre Offene Jazz Haus Schule

25 Jahre Eigelsteintorburg

 

Grußwort von Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen

 


Grußwort von OB Henriette Reker

 


Festschrift

Festschrift 40JahreOJHS

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Die Festschrift ist gegen eine Spende auch in gedruckter Form bei uns erhältlich.

 


Video-Zusammenschnitt

Da wir das Jubiläum aufgrund der coronabedingten Auflagen nur mit begrenzter Personenzahl feiern konnten, möchten wir mit diesem Video allen, die nicht dabei sein konnten einen kurzen Einblick ermöglichen.

 


Fotos vom Festakt am 19.06.2020

im Green Room des Stadtgarten Köln im Beisein von Oberbürgermeisterin Henriette Reker

 


Festrede von Joachim Ullrich

Anlässlich des Jubiläums einer Institution ist es naheliegend, in die Vergangenheit zu blicken und deren Verdienste und Erfolge zu würdigen. Auch wenn das ohne Frage eine angemessene Herangehensweise wäre, scheint es doch der Offenen Jazz Haus Schule eher zu entsprechen, in die Zukunft zu schauen.“

Eine Super-Einleitung! … - leider nicht von mir, sondern dies ist der Anfang des Aufsatzes von Franz Kaspar Krönig in der vorliegenden Festschrift zum 40-jährigen Bestehen der Offenen Jazz Haus Schule.

Nun ist es aber so, dass ich sicher der Letzte bin, der kompetent über die Zukunft der Offenen Jazz Haus Schule sprechen kann und sollte – dies können andere besser und auch kenntnisreicher. Wenn man jemanden wie mich bittet, eine Festrede zu halten, muss man sich darauf gefasst machen, dass der Ansatz dieser Rede ein im weitesten Sinne historischer, vielleicht ein rückblickender wenn nicht gar, was nicht zu hoffen ist, ein rückwärtsgewandter ist. Dies liegt zum Einen ganz plump an meinem Alter und zum Anderen an meiner Rolle in den ersten Jahren des Bestehens der Jazz Haus Schule. Wenn man jemanden wie mich bittet, eine Festrede zu halten, muss man sich natürlich auch darauf gefasst machen, dass diese Rede extrem von ganz persönlichen Erlebnissen und Haltungen geprägt sein wird. Schließlich habe ich das alles (also wirklich alles!) miterlebt, in kleinen Teilen auch mitgestaltet, auf jeden Fall habe ich immer mitgelitten!

Es wird also ein bißchen so sein wie „Opa erzählt vom Krieg“ und bei Euch Zuhörenden wird sich wahrscheinlich genau diese sehr spezielle Mischung von zunächst leichter Faszination, dann Langeweile und ein wenig später innerem Augenrollen einstellen.

Das ist sicher schlimm, aber da müsst ihr jetzt durch!

Also: Wie war das damals?

Wir begannen im Bayenturm in der Kölner Südstadt und zwar immer nur an Sonntagen. Freitags musste bis 13:00 Uhr der Schlüssel für den Turm in der Bezirksvertretung Innenstadt abgeholt und Montags so früh als möglich dort wieder abgegeben werden.

Die Heizung war eine Gas-Etagen-Therme …naja, eher digital ja-nein, oft nein…

Ein Klavier, gar einen Flügel gab’s nicht, Schlagzeug und Verstärker mussten jedes Wochenende neu hingestellt und danach wieder weggebracht werden. Wenn man wohlwollend war, nannte man es romantisch. ?

Ganz am Anfang waren wir vier Dozenten (ich war einer davon) und zwei Bands zu je 15 Menschen, zumeist junge und nicht ganz so junge Erwachsene. Außerdem gab es soweit ich mich erinnern kann noch eine reine Gitarrenband…? (Raimund Kroboth)

Warum eigentlich das Ganze? Warum nahm man, nahmen wir überhaupt eine solche Zumutung auf uns? (Denn eine Zumutung war es sicher, auch wenn die Stadt Köln dies eher als Zugeständnis und Entgegenkommen gewertet haben mag.)

Was also war der Plan? Was hat uns umgetrieben?

Um dies beantworten zu können, müssen wir eintauchen in die Zeit damals. Die 80er Jahre waren zu ihrem Beginn vor allem in unserem Empfinden viel stärker noch von den vorausgegangenen Dekaden geprägt als die späten 80er. Unsere Sozialisation war ja viel früher passiert, wir kämpften im Grunde noch mit der alten Bonner Bundesrepublik, mit dem Nachwirtschaftswunderdeutschland und Themen wie Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Emanzipation, Teilhabe waren definitiv nicht in der großen gesellschaftlichen Diskursmitte angekommen…irgendwie schwer vorstellbar aus heutiger Sicht.

Wir waren irgendwie naive Freaks, Musikstudenten, die was studierten, was sie eigentlich so gar nicht wollten, weil Jazz konnte man zu dieser Zeit nicht studieren. Heute kann man das… (hier folgt jetzt keine Grundsatzdiskussion über Jazzstudieren, Verschulung, Wesen dieser Musik als nicht vermittelbares Medium etc. etc. – das würde mich jetzt auch in eine schwierige Lage bringen?)

Wir jedenfalls hatten uns dieser Musik verschrieben und studierten halt Irgendwas, die meisten etwas mit Musik, andere auch ganz Anderes…und machten eben trotzdem Jazz

Jazz - das war in unseren Augen eine Verheißung - von Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung… Post68er, Woodstock, Hippietum, San Francsico, Politikmachen, sich-einmischen, Bürgerinitiativen, Anti-Atom und Friedensbewegung, aber eben auch konkretes lokales politisches Handeln – dies alles gehörte in einem recht unklaren und vielleicht auch verschwurbelten Sinn in unseren Augen zusammen, und aus dieser Grundhaltung heraus entstand 1978 die IKJH und ein wenig später auch die OJHS.

Jazz - das war in unseren Augen nicht Musikstil oder Musizierform sondern Musizierhaltung, ein Approach an das Musikmachen und an das Leben, was wir damals – ebenso verschwurbelt – ohnehin als ineinander verschränkt betrachteten. Letztendlich jedoch ist diese Zuordnung von Musik zu Musizierhaltung im tiefsten eigentlichen Sinn ästhetisch geleitet, auch wenn sie irgendwie sozial daherkommen mag. Es ging uns eben nicht um Jugendkultur, es ging auch nicht um einen popkulturellen Diskurs, es ging zunächst einmal in der Tat um die – zumindest von uns so gesehenen – inneren Qualitäten dieser Musik…

Nochmal: was also war der Plan?

Wir hatten mehrere zunächst ganz banale Überlegungen:

  • Diese Musik bekannter machen, zu mehr Akzeptanz verhelfen
  • Selbst Publikum generieren (gab’s nämlich nicht sooo viel in den 80ern)
  • Jazz wurde nicht wirklich vermittelt, war nicht auf dem Schirm damals gängiger Musikpädagogik - also waren wir daran interessiert, dass sich das ändert – und zwar in unserem Sinne…

Betrachtet man diese drei Punkte, so fällt auf, dass alle im weitesten Sinne politischer und eben nicht im eigentlichen Sinne musikalischer Natur sind… und jetzt möchte ich diesen Aspekt zusammenbringen mit der oben aufgeführten Behauptung, unser Anliegen sei im Grunde ein ästhetisch geleitetes gewesen.

Für uns war – und für mich heute ist dies immer noch – das Ästhetische im Grund politisch, wenn auch nicht mehr im ganz engen handlungsorientierenden Sinn wie es damals vielleicht gewesen ist. Wir haben das nie zu Ende diskutiert, aber es war eine Art innerer Konsens, dass Jazz (was immer man darunter verstehen wollte) im Grundsatz eine emanzipatorische Qualität besitzt und die postulierte Teilkongruenz von Ästhetischem und Politischem dieser Musik innewohnt.

Das könnte man eigentlich als musikphilosophische Sophisterei abtun und sicher ist spätestens jetzt bei Einigen der Punkt mit dem inneren Augenrollen erreicht - aber es ist wichtig, diese Haltung (ein Faktum ist es ja nicht) darzustellen, weil Vieles, was sich in den vergangenen 40 Jahren ereignet hat und was zum Erfolg der Einrichtung Offene Jazz Haus Schule beigetragen hat, ohne diese sicher etwas naive und auch nicht ganz klar ausformulierte Haltung nicht denkbar ist.

Jetzt kommt die Passage mit dem Erfolg.

Eigentlich könnte ich sagen: lest die Festschrift, da steht alles drin!

Oder: lest zumindest die Seiten 106 und 107 der Festschrift – da steht drin, was alles passiert ist!

Mache ich nicht, aber ich möchte auch nicht selber alles auflisten, das wäre zu lang, zu viel – und klänge auch nach Angeberei, obwohl ich ja gar Nichts mehr damit zu tun habe und daher gar nicht angeben kann.

Aber ich möchte zumindest Einiges herausgreifen, was mir substantiell erscheint und was dann zu der Entwicklung geführt hat, die die Schule genommen hat

  • Es wurde nie über Stile diskutiert.
  • Alles sollte immer möglich sein.
  • Es gab keine stilistischen Ausgrenzungen – weder in Richtung Popmusik noch in Richtung freie Improvisation noch sonst wohin.
  • Es gab keinen Lehrplan, keine learning outcomes, keine Noten – keine Musikschule im bis dato gültigen Sinne
  • Es gab aber die feste Überzeugung, dass Musik zur Entwicklung einer freien Persönlichkeit und zu deren Glück beiträgt
  • Es gab ebenso die feste Überzeugung, dass musikalische Regeln nicht gelernt sondern gelebt werden müssen
  • Es gab vor allem die Überzeugung, dass Nichts so bleiben kann wie es ist und dass stetiger Wandel Bestandteil des Lebens und Überlebens ist
  • Irgendwann gab es dann die Erkenntnis, dass Jazz/Pop/improvisierte Musik eigene, der Musik angemessene Formen der Vermittlung braucht, also eigenes Nachdenken über Begriffe wie Didaktik, Pädagogik, Vermittlung, Audience Developement
  • Irgendwann später gab es dann auch die Erkenntnis, dass man nicht nur im städtischen kulturpolitischem Raum ein wichtiger Player war, sondern dass man selbst andere Formen des Musikmachens, andere soziale Bezugsgruppen und andere Communities würde einbinden müssen, nähme man den eigenen Auftrag wirklich ernst…

…und so sind dann Dinge entstanden wie

  • 1983 die Kinderkurse (die zeigten, dass Improvisation nicht primär kognitiv gesteuert sein muss)
  • 1987 Die Kooperation mit den allgemeinbildenden Schulen in einer Zeit weit vor der gedanklichen Geburt von Jeki, Jekits, Klassenmusizieren
  • 1996 die Produktion eines Hip Hop Musicals mit Jugendlichen aus verschiedenen Stadtteilen vor der Entdeckung des Diversity Managements
  • 2003 das Gewaltpräventionsprojekt the Culture of Hip Hop – in einer Zeit, in der Hip Hop allzu gern mit Gewaltdarstellung kokettierte
  • 2003 das Mädchenmusical „Schälsick Sistaz“ in einer Zeit, in der Rap und Hip Hop so sehr Männerdomäne waren, dass Frauen nur auf Straßenkreuzern liegend in den einschlägigen Videos zu sehen waren…
  • Das Projekt „Klangkörper“, die Communitiy Music, die Sounds of Buchheim, Projekte mit geflüchteten Kindern, Zusammenarbeit mit der Musikhochschule, das Vorstudium Jazz, „Musik von Anfang an“ und und und und…

Und… - : dies alles ist nicht denkbar ohne die vielen vielen Mitstreiter*innen, Mitdenker*innen, denen diese Schule so viel zu verdanken hat. Sie alle haben immer wieder Projekte angestoßen, Ideen entwickelt, Prozesse hinterfragt und verbessert und so der Schule diesen immerwährenden Wandel beschert, der Zukunft erst möglich macht.

Und -: Auch wenn dies keine Laudatio auf dich sein soll, so kannst du, Rainer zumindest dieser einen kurzen Minute Wertschätzung meinerseits nicht entkommen.

Dies alles ist nicht denkbar ohne die Kraft, das Engagement, die Phantasie, den politischen Weitblick und das strategische Geschick einer Person, die diese Schule lange zum Zentrum ihres Lebens gemacht und sie eine kleine Ewigkeit geleitet hat: Ohne dich, Rainer, würden wir hier heute alle nicht stehen, würde die Schule nicht da sein wo sie heute ist – im übertragenen Sinn wie auch im ganz konkreten, nämlich in der Torburg und an gefühlten 100 Stellen in der Stadt und darüber hinaus. Ohne deine Arbeit wäre Jazzpädagogik immer noch ein schrecklicher Begriff, mit unguten Jazzkursen oder einer leistungsorientierten Musikschulwirklichkeit verknüpft, wäre der heute so vieldiskutierte Begriff der Community Music mit einigem Pech von Menschen besetzt, die im Leben keine Community gesehen haben.

Dafür danke!

Joachim Ullrich

Redebeitrag von Joscha Oetz

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Familie, Freunde, Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren.

Bei einem Besuch in einer KITA in Buchheim im Jahr 2017 nahm ich am wöchentlichen offenen Musikangebot des Kollegen Nick Klapproth im Rahmen des Projektes Family Sounds of Buchheim teil. Ich saß mit meiner Gitarre am Rande des Kindergartenraumes der von Aktivität nur so überquoll. Während ich Nicks Songs und anderen musikalischen Aktionen folgte und versuchte sie mit meinem Spiel zu unterstützen, beobachtete ich das Geschehen. Manche Kinder in Windeln nuckelten an Rasseln oder sortierten diese nach Farben. Ältere Kinder sangen oder tanzten, spielten auf den verschiedenen Instrumenten. Andere regelten selbstständig unter ihresgleichen, wer wann welches Instrument übernehmen durfte und wie die Wechsel zwischen den Instrumentalistinnen stattfinden sollten. All das passierte, ohne dass die Musik aufhörte, denn zu jedem Zeitpunkt machte immer jemand mit. Kurz – es bot sich mir ein buntes, faszinierendes Schauspiel.

Ganz besonders fiel mir ein Mädchen auf, das scheinbar gar nichts tat. Ganz ruhig saß sie dort im Gewimmel und war einfach nur da. Sie tat selbstbestimmt, was sie für richtig und sinnvoll hielt – scheinbar gar nichts. Natürlich kann hier von nichts nicht die Rede sein. Das Mädchen war aktiv anwesend, die musikalische Session, in deren Mitte sie sich befand, war ja ein offenes Angebot ohne Pflicht und Anwesenheitskontrollen. Ich bin mir sicher, dieses Mädchen hat an diesem Ort und in diesem Zeitraum ein für sie bedeutendes Erlebnis gehabt. Man könnte sagen, dass sie für mich ein Vorbild im in sich Ruhen geworden ist.

Nachdem ich eine gute Weile Gitarre gespielt hatte, entschloss ich mich zu einem Wechsel des Instrumentes und setzte mich auf den Cajón. Ich sah links von mir eine Erzieherin mit Kopftuch und dachte an den Rhythmus, welcher in Brasilien als Bayao bekannt ist und der inflationär im Reggaeton vorkommt (sie wissen schon „Despacito“ … Regieanweisung: Bayao beatboxen) Wir alle haben ihn (den Rhythmus) auch schon oft in persischer, arabischer Popmusik oder auf der Weidengasse gehört. Also fing ich an zu spielen und erntete stante pede ein Lächeln der Erzieherin, schon mal ein Erfolg. Neben der Frau saß ein circa 4 Jahre altes Mädchen die mich dann wirklich zum Staunen brachte. Das Mädchen hatte in jeder Hand jeweils einen BoomWhacker (Regieanweisung: Boom Whacker in die Luft halten) und nahm den Rhythmus wahr, der ihr offensichtlich vom Hören schon bekannt war. Daraufhin fing sie langsam an, das Pattern mitzuspielen. Nach ungefähr einer Minute hatte das Mädchen herausgefunden, wie es funktioniert und die folgenden 6 Minuten spielten wir einfach zusammen, während im Raum andere Klangereignisse stattfanden. Trancehafte, entrückte Zeit, zugebracht mit dem repetitiven Spiel eines Patterns, bei dem eine Verbindung zwischen zwei Menschen hergestellt wurde, die sich vorher noch nie gesehen hatten und danach auch nie wieder.

Meine Damen und Herren,

für unsere Festschrift haben wir unter anderem 10 unserer Dozierenden, 5 Frauen und 5 Männer, gebeten, uns ihre ganz persönlichen Assoziationen zu folgenden 5 Begriffen zur Verfügung zu stellen: 1980 – Offene – Jazz – Haus – Schule. (Pause) 1980 - Offene - Jazz - Haus - Schule: Was fällt mir dazu ein?

1980: Beginn der 80er Jahre, meiner Teen Jahre. 1980 startet Hip Hop seinen Sturm um die Welt. 1981 nimmt mich meine Mutter mit zum einem Doppelkonzert: Santana und Frank Zappa, eine überwältigende Erfahrung. Danke an meine Mutter!

Anfang der 80er beginne ich als Teilnehmer der Jazzhausschule in Bands zu spielen. Auf einmal bin ich Bassist und Bandmitglied, zwei Funktionen (oder sollte ich sagen Eigenschaften), die sich bis heute als zentrale Pfeiler meiner Identität bewähren.

Eine der Bands, in der ich damals spielte, hieß Hochdruck und probte im Bayenturm. Der Dozent hieß Rainer Linke. Rainer trug in dieser Phase entscheidend dazu bei, dass zu den Funktionen Bassist und Bandmitglied noch eine dritte, genauso wichtige kam: Die des Komponisten. Das lief etwa so ab: Beim Üben zu Hause hatte ich einen kurzen melodischen Einfall. Ich schaffte es, dieses Riff irgendwie auf Notenpapier zu bringen, welches ich dann an Rainer übergab. Rainer brachte den Einfall in Form eines einfachen Arrangements in der folgenden Woche wieder mit, und für mich geschah ein kleines großes Wunder: Die Band spielte mein Stück!

Offen: Offene Situationen erzeugen unvorhersehbare Ergebnisse. Im offenen musikalischen Kontext weiß man nicht genau, was passieren wird. Wie sich die Interaktion organisiert und damit der Klang gestaltet wird, hängt von den Entscheidungen und Handlungen aller Teilnehmenden ab. Überraschungen sind wahrscheinlich. Diese Überraschungen erzeugen einen inneren Zustand von „Hab Acht“, von Aufmerksamkeit; eine Energie die in stark vorstrukturierten Verläufen so nicht vorkommt.

Jazz: Für mich ist Jazz eine Haltung und weniger ein Musikgenre. Jazz als musikalische Stilrichtung zu definieren ist eine knifflige Angelegenheit, und eine Frage die mich gar nicht so sehr interessiert. Jazz als Haltung bedeutet die Bereitschaft zum Improvisieren, die Bereitschaft sich aufeinander und auf die Gegebenheiten des Raumes und des Zeitpunkts einzustellen. Die Haltung Jazz ist die Fähigkeit im selben Moment Komponist oder Komponistin und Ausführende oder Ausführender zu sein, indem man aus den Möglichkeiten des Augenblicks schöpft.

Haus: Ein Haus bietet Schutz, ein Haus ist Menschenrecht. Ein Haus ist oft Teil einer Stadt, wie ein Baum Teil des Waldes ist. Ein Haus kann zum Schwingen gebracht werden, von denen die sich in ihm aufhalten. Ein Haus ist Ausgangs- und Rückkehrpunkt. Die Jazzhausschule ist so ein Haus.

Schule. In einer Schule können und dürfen Menschen lernen und lehren. Sie können geben und nehmen, können sich austauschen und sich begegnen. Oft lernen Menschen sehr viel wenn sie lehren - für mich ist dies ein Qualitätsmerkmal von guter Lehre.

An der Jazzhausschule habe ich als Teilnehmer begonnen. In den späten 90ern fing ich mit meiner pädagogischen Tätigkeit als Dozent der Jazzhausschule an und nahm an der Weiterbildung „Bandpraxis mit Kindern“ – geleitet von Rainer Linke – teil. Aus dem in der Jazzhaus Praxis und Weiterbildung Gelernten entwickelte ich meinen Musikunterricht: zuerst mit einer Youngsterband in Köln Dellbrück, dann in Schulen in Kalifornien und Peru, schließlich, ab 2011, wieder in Köln.

Am Aschermittwoch 2016 kehrte ich zurück zur Jazzhausschule. Als stellvertretender Leiter fand ich ein neues Aufgabenfeld, in dem ich wieder sehr viel Neues lernen konnte. Heute schließlich übernehme ich die Leitung. Ich freue mich auf diese neue Herausforderung. Ich freue mich weiter zu lernen, im Zusammenspiel mit den Teilnehmenden, den Dozierenden, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie allen Menschen und Institutionen mit denen wir kooperieren und die uns unterstützen. Ich empfinde es als Auszeichnung, diese Position zu übernehmen, ich habe großen Respekt vor dieser Aufgabe. Ich bin bereit, und vor allem: ich freue mich darauf!

Ich möchte diese Rede mit einer Danksagung an drei Personen schließen: Stellvertretend für alle Teilnehmenden danke ich den beiden Mädchen aus der KITA in Buchheim. Ganz persönlich danke ich Rainer Linke.

Ihnen allen vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Joscha Oetz