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Notensatz mit „Sibelius“ für Einsteiger*innen

Gunther Steudel

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Technische Voraussetzungen

Das Notationsprogramm Sibelius gibt es in verschiedenen Versionen. Neben einer ersten Gratis-Version mit dem Namen „Sibelius first“ mit einigen Einschränkungen gibt es die Vollversion „Sibelius“, die noch nicht alle Funktionen hat, und die uneingeschränkte Vollversion mit dem Namen „Sibelius Ultimate“. Der Autor dieser Dokumentation nutzt „Sibelius Ultimate“ auf einem Apple-Rechner mit einer Computertastatur, die einen numerischen Ziffernblock aufweist. Letzterer ist wichtiger Bestandteil zur schnellen Arbeit mit Sibelius. Darüber hinaus ist ein Midikeyboard angeschlossen, was ebenfalls als sehr empfehlenswert festgehalten werden sollte.

Sibelius lässt sich auch ohne Midikeyboard und ohne numerischen Ziffernblock bedienen, die Besonderheit der sehr schnellen möglichen Noteneingabe ist dadurch aber deutlich eingeschränkt. Sibelius lässt sich ebenso auf Apple wie auf Windows basierten Computern nutzen.

Eine Übersicht über alle Tastaturkürzel zur Noteneingabe mit Sibelius ist hier zu finden.

Dokument erstellen und erste Einstellungen

Der erste Schritt in Sibelius ist, wie in jedem anderen Programm, ein neues Projekt zu beginnen. Nach dem Öffnen des Programms öffnet sich ein „Schnellstart-Menü“, auf dem der*die Benutzer*in aus vorgegebenen Besetzungen wählen kann. Neben einfachen leeren Notenzeilen können zum Beispiel Orchester, Chorbesetzungen, Jazz-Combos, Streichquartett und viele andere Instrumentenkombinationen ausgewählt werden.

Beginnen wir zunächst mit einer leeren Zeile im Violinschlüssel. Der nächste Schritt besteht darin, grundsätzliche Einstellungen für das angestrebte Musikstück auszuwählen. Nach der Wahl der Instrumente erscheint eine Menüseite, auf der die Taktart, die festen Vorzeichen, Tempoangaben, Titel, Angaben für Komponist und Textdichter gewählt werden können. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Möglichkeit eines Auftaktes gelegt. Dies sind unvollständige Takte, die am Anfang der Partitur erscheinen und bei der Zählung der Takte nicht mitgezählt werden, somit bei entsprechenden Taktzahlen in der Partitur keine Berücksichtigung finden. Das besondere Augenmerk hierauf ist begründet in der Tatsache, dass die Erstellung von Auftakten bei der späteren Arbeit im Projekt deutlich komplizierter ist als in diesem Anfangsmenü. Dieser Schritt sollte daher besser zu Anfang bedacht werden. Alle anderen Einstellungen wie Instrumentenwahl oder Taktarten und Vorzeichen sind jederzeit leicht zu verändern innerhalb eines Projektes.

Bezüge von Objekten auf dem Notenblatt / Erstellung von Instrumenten

Nachdem das Startmenü durchlaufen ist, hat man ein leeres Notenblatt vor sich, auf dem ein Titel und Angaben für Komponist*in und Textdichter*in an den entsprechenden Stellen oben zu sehen sind. Es ist zu erwähnen, dass jedes Objekt, und somit auch ein Objekt wie z. B. der Titel, einen Bezug zu einer Notenzeile und zu einer bestimmten Stelle in einer Notenzeile hat. Wenn ein Objekt angeklickt wird, erscheint eine hellgraue gestrichelte Linie mit Pfeil, die anzeigt, zu welcher Stelle in welchem Takt dieses Objekt gehört. Dies gibt es für alle Objekte, somit auch z. B. für Dynamikangaben, Zeichen oder anderen Textarten. Jedes Objekt kann angeklickt, angefasst und verschoben werden. Beim Verschieben verändert sich nach und nach der Bezug zum Notensystem, die gestrichelte Linie mit Pfeil springt weiter in den Takten und Taktschlägen. Dies ist wichtig zu verstehen, da diese Objekte beispielsweise auch gelöscht werden, wenn die Takte gelöscht werden (in den meisten Fällen), oder sie auch mitkopiert werden, wenn die Takte kopiert werden.

Der nächste Schritt besteht darin, innerhalb der Arbeit im Projekt wieder auf das Menü zur Instrumentenauswahl zuzugreifen. Über den einfachen Shortcut „i“ öffnet sich die entsprechende Seite, und es können beliebige Instrumente zum Projekt hinzugefügt und auch die Reihenfolge, in der sie in der Partitur übereinander erscheinen, verändert werden.

Verschiedene Arten der Noteneingabe

Der wichtigste Teil in einem Notenprogramm ist natürlich die Noteneingabe. Das wichtigste Werkzeug dazu in Sibelius ist das sogenannte „Keypad“. Es ist im Normalfall als floating Window direkt nach dem ersten Öffnen zu sehen, oder aber kann über die Registerkarte „Ansicht“ im Menu „Leisten“ angeklickt werden. Das Keypad korrespondiert mit dem numerischen Ziffernblock auf der Computer-Tastatur. Die wichtigste Funktion ist die Wahl eines Notenwertes. Das Keypad hat mehrere Belegungen, und auf der ersten Belegung sind die wichtigsten Notenwerte anwählbar. Drückt man z. B. auf die Taste „4“, so wird eine Viertelnote ausgewählt, größere Zahlen ergeben größere Notenwerte, kleinere Zahlen kleinere.

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Die erste Art der Noteneingabe besteht darin, einen Notenwert auszuwählen und dann mit der Maus über die leeren Notensysteme zu gehen. Die Maus zieht dabei eine „Schattennote“ mit sich, die durch Klicken an eine beliebige Stelle geschrieben werden kann. Dies ist eine recht umständliche Art der Noteneingabe.

Die beste und schnellste Art der Noteneingabe besteht darin, zuerst eine Stelle in den leeren Systemen anzuklicken, sie so zu markieren und durch den Shortcut „n“ eine blaue Eingabelinie zu erstellen. Danach wird der gewünschte Notenwert durch Betätigen der entsprechenden Zahl auf dem numerischen Ziffernblock gewählt. Nun kann man auf dem Midikeyboard spielen, und die Noten werden direkt geschrieben. Mit etwas Übung benötigt man nun während der Noteneingabe keine Maus mehr, sondern wählt mit einer Hand immer die Notenwerte und spielt mit der anderen Hand die Töne auf dem Midikeyboard. Auf diese Art können Noten sehr schnell eingeben werden.

Eventuelle zusätzliche Befehle wie die Wahl punktierter Noten (Komma auf numerischem Ziffernblock), die Benutzung eines Haltebogens (Eingabetaste auf numerischem Ziffernblock) und die enharmonische Umdeutung (Zeilenschalter) sind in diesem Arbeitsgang ebenfalls direkt umsetzbar.

Eine weitere Art der Noteneingabe besteht in der Benutzung der Buchstaben auf der Computer-Tastatur. Wird eine Stelle in einem Notensystem markiert und danach z. B. der Buchstabe „C“ gedrückt, so wird der Ton C an diese Stelle geschrieben. Um eine andere Oktave zu wählen, kann der Shortcut „cmd-Pfeiltaste hoch/runter“ benutzt werden. Dies ist ebenfalls keine sehr schnelle Art der Noteneingabe, ermöglicht aber, völlig ohne Maus oder Midikeyboard z. B. im Zug oder im Café mit dem Laptop einige Noten zu schreiben.

Zusätzlich zu diesen verschiedenen Arten der Noteneingabe ist es möglich, mittels der  Zahlen über dem Buchstabenbereich der Computertastatur Intervalle über oder unter bestehende Noten hinzuzufügen. Wird eine Note gewählt und z. B. die Ziffer „3“ gedrückt, so wird über die Note die diatonische Terz hinzugefügt, bei drücken der Ziffer „7“ wäre es entsprechend eine Septime etc. Wird zusätzlich die Shift-Taste gehalten, werden die Intervalle unter die gewählte Noten geschrieben. Durch diese Funktion ist es auch in der beschrieben Situation ohne Maus und Midikeyboard möglich, Akkorde zu erstellen. Es wäre so auch möglich, einen ganzen zuvor angewählten Abschnitt einer Melodie z. B. mit Terzen darunter zu versehen.

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Legatobögen, Artikulationen, Dynamikangaben

Nach der Erstellung von reinen Noten sind die grundlegenden Artikulationen und Dynamikangaben wichtigster Teil der Notenschrift. Als erstes sollen Legatobögen erstellt werden. Hierzu genügt die Wahl einer Note gefolgt vom betätigen des Shortcuts „s“. Ausgewählte Legatobögen können über die Leertaste schrittweise verlängert werden. Alternativ kann auch ein längerer Abschnitt (mit Hilfe der Shift-Taste) ausgewählt werden, nach drücken von „s“ wird dann direkt ein Legatobogen über diesem Abschnitt erstellt.

Die exakt gleiche Vorgehensweise erzeugt mit dem Shortcut „h“ crescendo-Linien (öffnender „Schnabel“), und mit dem Shortcut „Shift-h“ diminuendo Linien (schließender „Schnabel“).

Legatobögen und crescendo-Linien können auch mit der Maus angefasst, verschoben, verlängert oder in der Form verändert werden.

Die Artikulationen Staccato, Tenuto und der Akzent sind ebenfalls auf der ersten Keypad-belegung zu finden. Töne oder Passagen können nach der Noteneingabe angeklickt und mit Artikulationen versehen werden. Alternativ werden die entsprechenden Tasten aus dem numerischen Ziffernblock bereits vor der Noteneingabe betätigt, dann werden die Noten direkt mit den Artikulationen geschrieben.

Auf späteren Belegungen des Keypads finden sich auch Artikulationen wie der Dachakzent oder das Marcato-Zeichen, sowie Auf- und Abstrichangaben für Streichinstrumente. Um auf andere Keypadbelegungen zuzugreifen, kann durch Betätigen der „+“ Taste durch die Belegungen gewandert werden. Die „-“ Taste führt direkt zur ersten Belegung zurück (numerischer Ziffernblock). Auf den anderen Keypadbelegungen finden sich auch viele weitere Befehle wie ungewöhnlichere Notenwerte, individuelle Balkensetzung, Tremolo-Zeichen, Fermaten, Faulenzer-Zeichen oder besondere Vorzeichen.

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Verschiedene Arten zu kopieren

Einer der großen Vorteile der Arbeit mit einem Notenprogramm gegenüber der handschriftlichen Notation ist die Möglichkeit, Bestehendes zu kopieren. In Sibelius ist eine der Möglichkeiten dazu die aus anderen Programmen bekannte „Copy & Paste“-Funktion. Abschnitte oder Takte können ausgewählt, in die Zwischenablage („cmd-c“) und an anderer, zuvor ausgewählter Stelle eingefügt werden („cmd-v“). Erwähnenswert ist hierbei, dass das Einfügen an beliebigen Stellen auch innerhalb von Takten und Taktschlägen möglich ist. So kann eine Passage aus z. B. zwei ganzen Takten auch rhythmisch völlig neu eingesetzt werden, wenn sie z. B. auf eine Zählzeit „3 und“ eingesetzt wird.

Eine andere Art des Kopierens in Sibelius ist der „alt-Klick“. Hierbei kann ein beliebiges zuvor ausgewähltes Objekt durch einen „alt-Klick“ an eine andere Stelle in der Partitur kopiert werden. Dies bezieht ich eben nicht nur auf Notentext, sondern auch auf andere Texte, auf Dynamikangaben, Symbole und Zeichen, besondere Taktstriche u. v. m. Diese Technik erlaubt in vielen Situationen ein sehr schnelles kopieren.

Eine dritte Möglichkeit ist das Kopieren von Takten oder anderen Abschnitten des Notentextes durch Betätigen des Shortcuts „r“ (was für „repeat“ steht). Das Ausgewählte wird durch Drücken von „r“ beliebig oft hintereinander kopiert. Je nach Länge der Auswahl (z.B. 5/8 innerhalb einer 4/4-Taktes) können auch hierüber neben simplem Kopieren besondere rhythmische Strukturen erschaffen werden.

Das Text-Menü

Sibelius verfügt über einige verschiedene Arten von Texten, die zum Teil mit „intelligenten“ Funktionen verbunden sind. Eine Art dieser Texte sind die Dynamikangaben mit Buchstaben (wie „mf“ oder „pp“). Diese typische Schrift wird über den Shortcut „cmd-e“ (Tasten halten) erreicht und wird beim Abspielen berücksichtigt, die Noten werden in der entsprechenden Laustärke wiedergegeben. Eine neutralere Art der Texte wird über „cmd-t“ aufgerufen („Technik-text“). Hiermit können diverse Angaben als einfacher Text in die Noten geschrieben werden (z. B. „diese Stelle gefühlvoll spielen“). Aber auch Abgaben wie „pizz.“ würde in der Wiedergabe bei einem Streichinstrument zum Pizzicato-Klang führen.

Es gibt Textarten wie „Studierzeichen“ (Shortcut „cmd-r“), die fortlaufend umrahmte Großbuchstaben erzeugt oder Textarten zur Erzeugung von Funktionssymbolen und Metronomangaben. Etwas hervorgehoben werden soll der Umgang mit der Textart „metrische Modulation“, hier können Notensymbole geschrieben werden, die z. B. die Swing-Spielweise fordern (und beim Abspielen erzeugen), oder Tempoverhältnisse (z.B. Viertel = Halbe Note) darstellen.

Eine ebenfalls besondere Art der Texte sind „Liedtexte“. Sie können mit dem Shortcut „cmd-l“ unter angewählten Noten aktiviert werden. Nun kann unter jede Note eine Silbe geschrieben werden. Es gibt auch die Möglichkeit, Texte als Ganzes aus einem Dokument in die Zwischenablage zu kopieren („cmd-c“), und schrittweise unter die Noten einzufügen (wiederholtes „cmd-v“ nach Anwahl einer Note). Alternativ kann sogar ein ganzer Abschnitt gewählt werden und ein Text aus einem Dokument zugeteilt werden (nur aus „reinen“ Textformaten wie z.B. aus „textedit“, nicht möglich mit Word o.ä.).

Eine weitere Art der Texte sind Akkordsymbole. Um diese einzugeben gibt es drei grundsätzliche Vorgehensweisen. Über das Textmenü (oder den Shortcut „cmd-k“) öffnet sich an einer zuvor angewählten Stelle eine Eingabemöglichkeit für Text. Hier kann nun über die Computertastatur das Akkordsymbol händisch eingegeben werden. Sibelius erkennt dieüblichsten Schreibweise und erstellt typische Symbole dafür (Optionen klein in Klammern übereinander etc.). Schneller lassen sich Akkordsymbole erstellen, wenn anstelle von händischem Schreiben der Akkord direkt auf dem Midikeybord gespielt wird. Auch hier erkennt Sibelius alle üblichen Akkordformen und schreibt direkt das entsprechende Symbol. Dabei sollte beachtet werden, die Akkorde in Grundstellung zu spielen, da Sibelius ansonsten die Umkehrung (Slash-Notation) mit angibt. Die dritte Variante besteht darin, Sibelius die Akkordsymbole aus dem Notentext selber hinzufügen zu lassen, die Noten also zu interpretieren. Über ein entsprechendes Menü („von Noten hinzufügen“) kann ausgewählt werden, in welchen Abstand Akkordsymbole geschrieben werden sollen (pro Takt, pro halben Takt, pro Taktschlag etc.).

Einige grundlegende Layout-Funktionen

Es gibt viele Möglichkeiten, das Layout zu gestalten – zu finden unter der Registerkarte „Layout“. Wichtig beim ersten Arbeiten sind eventuelle Zeilenumbrüche. Sie werden erreicht, indem Taktstriche angewählt werden und danach der Zeilenschalter auf der Tastatur betätigt wird. In Kombination mit der „cmd“ Taste führt selbiges zu Seitenumbrüchen. Über den Shortcut „shift-alt-m“ können zuvor angewählte Takte in eine Zeile gefasst werden.

Dateien exportieren und importieren

Wie bei jedem Programm ist es sinnvoll, ein Projekt bereits kurz nach den ersten Arbeitsschritten zu speichern („Datei“ – „speichern unter“). Über den Shortcut „cmd-s“ kann dann jederzeit der aktuelle Stand gespeichert werden, das Sibelius eigene Format hat die Endung „.sib“. Sibelius kann verschiedene Formate exportieren. Neben Audio oder Midi ist auch das Speichern im pdf-Format sinnvoll. Es können auch Grafiken exportiert werden, um sie z. B. bei Erstellung von Unterrichtsmaterial in einem Word-Dokument zu integrieren. Hierbei kann zwischen der ganzen Partitur, einzelnen Seiten oder auch einzelnen Systemen gewählt werden.

Es ist in Sibelius auch möglich, Noten von Papiervorlagen einzuscannen. Allerdings sind die Erfahrungen mit eingescannten Noten insgesamt nicht sehr gut, da der Aufwand, Fehler zu suchen und zu korrigieren oft kaum geringer ist als die Noten direkt neu zu erstellen.

Gunther Steudel

Gunther Steudel ist ein deutscher Komponist und Pianist. Er studierte Komposition an der Hochschule der Künste in Arnheim/Niederlande und spielt seit seiner Kindheit Klavier und weitere Nebeninstrumente wie Cello, Schlagzeug, Gitarre und Bass, zeitweilig auch Trompete und Akkordeon. Gunther Steudel komponiert Musik für verschiedenste Besetzungen von Kompositionen für Klavier über Elektronik bis hin zum Orchester und sowie zahlreiche Filmmusiken. Darüber hinaus war er an verschiedenen Bandprojekten und mehreren Alben beteiligt und veröffentlichte im Dezember 2018 ein Solo-Album „Dream a moon/ In a place where I will be at home“ mit eigener Klaviermusik.

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